Der Film begleitet junge Menschen während ihres ersten Studienjahres an der Polizeischule und während ihres Praktikums in Sachsen-Anhalt. Er zeigt, wie sie in Theorie und Praxis lernen, sich für Recht und Gesetz einzusetzen, wie sie sich mit ihren eigenen Motivationen und Vorerfahrungen auseinandersetzen und wie schwer es ist, die neue Rolle in der Realität des polizeilichen Alltags zu behaupten. Im Mittelpunkt des Films steht Kathrin Cruz. Die junge Frau muss sich an der Fachhochschule nicht nur die Grundlagen polizeilicher Ermittlungen aneignen, den Polizeigriff und die Handhabung der Waffe trainieren, sondern in realistischen Rollenspielen auch den Umgang mit Delinquenten lernen: Wie trennt man Streithähne, wie stellt man einen Einbrecher? Anschließend gilt es, das Gelernte bei der Bereitschaftspolizei im Einsatz gegen Randalierer oder Hooligans anzuwenden und sich im nach wie vor männlich geprägten polizeilichen Umfeld durchzusetzen. Was macht einen guten Polizisten aus? Wie werden junge Menschen zu Staatsdienern? Die Langzeitbeobachtung von Marie Wilke vermittelt einen intimen Einblick in die Ausbildung junger Polizisten und in ihre Bewährungsproben im polizeilichen Alltag. Dabei konzentriert sie sich ganz auf das Erleben ihrer Protagonisten und verzichtet auf zusätzlichen Kommentar, Interviews oder Filmmusik. Die pure Beobachtung wirkt manchmal spröde, gewinnt aber gerade daraus ihren besonderen Charme. Die ausgezeichnete Kamera bleibt auch in schwierigen Situationen dicht bei den Protagonisten, ohne sie jemals bloßzustellen, sei es in angespannten Lerneinheiten oder bei unübersichtlichen Einsätzen. Gleichzeitig wahrt sie die nötige Distanz gegenüber den Menschen, mit denen sie es dabei zu tun bekommen. Keiner wird in diesem Film diskreditiert, aber viele Begegnungen erinnern in ihren desperaten Verhältnissen an Szenen aus einem Andreas Dresen-Film. In trostlosen Wohnbausiedlungen geht es immer wieder um nächtliche Ruhestörung, an Silvester kommt es zu einer Messerstecherei, und ein spärlich bekleideter Mann irrt in der Winterkälte umher. Mehrere dieser Szenen sind lang durchgehalten. Sie zeigen die Unsicherheit der Polizisten, sich im Einsatz angemessen zu verhalten, oder die Anspannung, als sie mit den Rettungssanitätern ein Treppenhaus hochsteigen und nicht wissen, was sie am Tatort erwartet. Der Film bringt dem Zuschauer den Beruf des Polizisten näher, entzaubert ihn aber auch. Man entwickelt zunehmend Respekt und Hochachtung vor den jungen Menschen, die tagaus tagein in den Niederungen des menschlichen Miteinander dem Gesetz zur Geltung verhelfen. Der Alltag eines Staatsdieners gestaltet sich wesentlich prosaischer als die feierliche Vereidigung vermuten lässt. Meist geht es um Deeskalation und Verständigung, und manchmal wirkt ein energisches Wort dabei Wunder. Die jungen Leute vertreten das Gewaltmonopol des Staates, aber in vielen Details wird überraschend deutlich, dass es sich darum handelt, das menschliche Zusammenleben zu regeln, und dass der Staat letztendlich für die Menschen da ist. Nicht zuletzt dokumentiert STAATSDIENER den Prozess des Erwachsenwerdens unter verschärften Bedingungen. Gerade am Beispiel der Hauptprotagonistin Kathrin Cruz, die im Laufe des Films immer mehr an Kontur gewinnt, wird deutlich, was es bedeutet, die Rolle der Polizistin einzunehmen und gleichzeitig eigene Überzeugungen zu bewahren und in das Handeln einzubringen.
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